Foto: Katharina Mayer

„Ich komme mir wieder als ein Teil der Gesellschaft vor“

"Ein eigenes Dach über dem Kopf gibt einem ein Gefühl von Sicherheit, was für mich persönlich sehr viel wert ist. Vor Housing First war ich sieben Monate auf der Straße. Anschließend war ich gut zwei Jahre in einer Obdachlosenunterkunft. Als ich noch obdachlos war, hatte ich keinen Kontakt mehr zu meiner Familie. Das wird sich bald ändern. Ich habe sogar eine Arbeitsstelle als Kommissionierer - nach knapp 30 Jahren die erste Arbeit, die kein Ein-Euro-Job ist. Jetzt bezahle ich alles selber. Mein Brot, das ich selbst bezahle, schmeckt mir viel besser. Auch mein Tabak, den ich rauche. Das ist gut fürs Selbstwertgefühl, und ich komme mir wieder als Teil der Gesellschaft vor, von der ich mich schon verabschiedet hatte. Mit einer eigenen Wohnung hat man ein anderes Selbstwertgefühl und man fühlt sich sicherer. Man weiß wo man abends hingeht und man muss keine Angst mehr haben. Angst, dass einem was gestohlen wird. Und: Ich muss mich nicht mehr schämen. Demnächst werde ich das erste Mal meine Eltern wieder besuchen, das erste Mal nach 30 Jahren. Und ich kann mich ihnen wieder als Teil der Gesellschaft präsentieren. Es wird sehr emotional werden, aber meine Freundin wird mich begleiten. Apropos: Natürlich kann ich meine Freundin in meiner neuen Wohnung zu jeder Tages- und Nachtzeit empfangen, was in einer Notunterkunft auch nicht möglich ist."
Mario

Statements von ehemals Wohnungslosen im Housing-First Projekt von fiftyfifty. Erschienen in der fiftyfifty Dezember 2017.