
"Vor Housing First hatte ich gar keinen Kontakt zu meiner Familie"
"Insgesamt habe ich viereinhalb Jahre auf der Straße gelebt. Damals, als ich obdachlos war, habe ich kein Hartz 4 empfangen, sondern das ganze Geld durch Flaschensammeln verdient. Seitdem ich in einer eigenen Wohnung lebe, nehme ich an einem kaufmännischen Lehrgang teil. Ich bin gelernter Bürokaufmann, habe jahrelang in der Buchhaltung gearbeitet und versuche mich nun wieder zu bewerben. Durch Housing First hat sich der Kontakt zu meiner Familie geändert, denn den gab es vorher gar nicht. Ich wurde wieder angenommen, als ob ich nie weg gewesen wäre. Ich habe bei über hundert Vermietern angerufen, aber sobald ich dort sagte, dass ich arbeitslos bin, waren die Wohnungen direkt weg. Von hundert Anrufen kam nur eine Wohnungsbesichtigung zustande. Ich weiß nicht, ob zu wenige Sozialwohnungen da sind, aber das Problem ist, dass es für Leute, die durch widrige Umstände, Selbstverschuldung oder auch Nicht-Selbstverschuldung in Hartz-4-Bezug kommen, unmöglich ist, eine eigene Wohnung zu finden. Oder aber man kommt in eine Bruchbude rein, die dann für teures Geld vermietet wird, aber wo man letztendlich auch nicht glücklich ist. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich an Weihnachten nach Köln zu meinen Eltern fahre und über die Feiertage dort bleibe. Das ist das erste Weihnachten seit acht Jahren, das ich wieder bei meinen Eltern verbringe. Dank meiner neuen Wohnung und den damit verbundenen neuen Perspektiven."
Markus
Statements von ehemals Wohnungslosen im Housing-First Projekt von fiftyfifty. Erschienen in der fiftyfifty Dezember 2017.